blanq Member

Penelope Boska

  blanq ist für mich Sinnbild für die Reiterei insgesamt: für die Zeit mit dem Pferd, die verlangt, ganz im Moment zu sein, mit einem weiten, wachen Geist nur den Augenblick wahrzunehmen und sich auf diesen zu konzentrieren, sich gleichsam in absoluter Losgelassenheit zu (ver)sammeln. blanq heißt für mich auch, nochmal neu zu starten, voller Zuversicht aber ohne starre Erwartungen, alte Muster und Wege hinter mir zu lassen und mich auf eine neue spannende Reise zu begeben.

Penelope Boska / blanq member/ Germany

About

Ich war als Kind vollkommen pferdeverrückt. Ich kannte eigentlich kein anderes Thema, spielte Reiterhof, fuhr in Reiterferien und fühlte mich vom Glück gesegnet, wenn mir eine fremde Person ihr Privatpferd in die Hand drückte und ich es vom Putzplatz zurück in den Stall führen durfte. Immer wieder malte ich mir aus, welches Pferd ich mir gerne kaufen würde, durchforstete Rassebeschreibungen und Bildbände.

Meine Mutter versprach mir dann: „Wenn du 13 bist, bekommst du ein Pferd.“ Ich nahm sie beim Wort und wartete. Doch die Lebensumstände änderten sich, ich wurde 13, bekam kein Pferd und verlor diesen wertvollen Schatz, Zeit mit Pferden zu verbringen, aus den Augen.

Erst meine Tochter Wilma brachte mich zurück zum Pferd. Sie stand schon mit 4 Jahren bei Eiseskälte auf Paddockzäunen, bis das scheue Pferd, welches sich „auf keinen Fall streicheln lässt“ an ihrer Hand schnupperte und sich die Stirn kraulen ließ. So beschlossen meine Mutter, deren Pferdepause noch viel länger andauerte, als meine, und ich unseren alljährlichen Mehrgenerationen-Frauen-Urlaub dieses Mal auf einem Isländerhof zu verbringen. In günstigen Reitklamotten und mit kniehohen Stiefeln, für die wir auf dem Hof ziemlich beäugt wurden, gingen wir zur ersten Reitstunde.

Es war, als sei dieser lange vergrabene Schatz mit einem Mal wieder ans Tageslicht gekommen, eigentlich, als sei er nie weg gewesen. Es gab kein anderes Thema mehr.

Wieder zurück zu Hause machten wir uns auf die Suche nach einer Reitbeteiligung. Der Zufall wollte es und wir fanden eine Anzeige einer Frau, die für ihre Islandstute eine Pflegebeteiligung suchte. Bei ihr stießen wir das erste Mal auf die Akademische Reitkunst. An unserem Kennenlerntag zeigte sie uns, was sie mit ihrem Pferd arbeitete. Sie lief ein paar Zirkel rückwärts vor ihrem Pferd her, blieb stehen, zeigte mit der Gerte einmal hierhin und einmal dahin, lobte und beendete nach 15 Minuten die Trainingseinheit. Ich fand das Pferd und die Frau sehr sympathisch, aber mir schwebten sinnbildlich einige Fragezeichen über dem Kopf.

Aus Sehnsucht nach Pferd, ließen wir uns dennoch auf das Konstrukt: Pflegebeteiligung ein. Kurz darauf fand auch das erste Seminar mit Sandra Mauer statt, an dem wir mit diesem Pferd teilnehmen durften. Sandras Erklärungen, ihre Präzision und ihr auf mein geringes Können und Verständnis für die AR angepasste Aufgabenstellungen haben mich endgültig für die AR begeistert.

Als meine Mutter dann kurz darauf beschloss („Sonst mache ich es nie mehr“) ein eigenes Pferd zu kaufen, war vollkommen klar, dass die Islandstute Saeta nur im Sinne der AR ausgebildet werden soll – was sich bis heute bewährt hat, ist doch aus der Zweigängerin (Schritt und Schweinepass) mittlerweile eine Fünfgängerin geworden. Meine Islandstute Rakel kam ein Jahr später. Auch sie arbeiteten wir im Sinne der AR.

Da wir Sandra eine zeitlang aus den Augen verloren hatten, haben mich einige Trainerwechsel und Schwangerschaftspausen zweifeln lassen. Dem Gefühl nach, klappten beim Reiten einige Dinge schlechter als vorher: beim Antraben schnappte meine sonst so nette Stute nach dem Schenkel, beim Versuch einer Volte lief sie über die äußere Schulter weiter geradeaus. Ich fühlte mich unfähiger, als zuvor und dieses Gefühl der „Ohnmacht“ und der Zweifel an meiner Fähigkeit vermittelte ich meiner Stute, die erfahren und klug wie sie war, bereitwillig die Führung übernahm.

In dieser Situation haben sich vor knapp zwei Jahren Sandras und meine (unsere) Wege wieder gekreuzt, seither begleitet sie uns und es ging stets bergauf. Schon in der ersten Stunde war klar: hier fühle ich mich abgeholt, verstanden und bestärkt. Ich konnte mich wieder zuversichtlich und kompetent fühlen. Rakel dankte mit Leichtigkeit und Vertrauen. Unsere Beziehung festigte sich weiter und unsere Arbeit gewann merklich an Qualität. Zuletzt schenkte sie mir erste versammelte Schritte, einen gelösten Galopp an der Longe und die Bereitschaft sich auf Neues einzulassen und für mich/mit mir zu arbeiten.

 

Die erste Zeit einer Jungpferdeausbildung 

In diesem Text könnt ihr ein paar Auszüge der Anfangszeit der Jungpferdeausbildung der P.R.E Stute Canana lesen.

Canana gehört seit Oktober 2023 zu Penelope, die mich im Juni 2023 gebeten hat, ihr bei der Suche eines Nachwuchspferdes behilflich zu sein, nachdem sie einen schmerzlichen Verlust ihres ersten Pferdes, einer Island-Stute, erlitten hatte. Ihr könnt im folgenden Text Eindrücke der ersten Zeit der jungen Spanierstute (chronologisch von unten nach oben) lesen.

Wir heben den Text kursiv ab, wenn Sandra schreibt, der normale Text bleibt, wenn Penelope schreibt.

Viel Spaß beim Lesen ! Sandra & Penny

                                       

Januar 2024

Ein Pferd findet seine Sicherheit in der Herde unter seinen Artgenossen. Wenn wir in der Mensch-Pferd-Verbindung arbeiten möchten, gilt es, dem Pferd mit dem wir arbeiten, die selbe Sicherheit zu vermitteln, wie es sie aus der Herdensituation kennt, so daß es sich entspannen kann. Der Mensch übernimmt dabei die Alpha-Position, sollte dabei ganz bei sich bleiben und sich von z.B. Aufregung nicht anstecken lassen. In der Ruhe liegt nach wie vor die Kraft.

Bisher haben wir Canana und ihre Stallkollegin, mit der sie in schon gut eingespielter Zweiergemeinschaft lebt, nicht auf weite Distanzen voneinander getrennt. Ganz langsam wollten wir sie an die Trennungen gewöhnen: eines der Pferde auf den direkt an den Stall angrenzenden Reitplatz stellen, das andere Pferd im Stall lassen. Das war unser Plan. Oder eine der Stuten zum 20 Meter entfernten Putzplatz führen und die andere ein paar Minuten später dazustellen. Das hat uns Menschen natürlich einiges abverlangt – doch wir waren auf einem ganz guten Weg. Jede neu dazukommende Distanz quittierten die Pferde mit etwas Aufregung, sie lernten jedoch schnell dazu und bei der nächsten Wiederholung lief es schon besser.  

Ein erster größerer Trennungsversuch, bei dem Canana alleine mit mir in die Reithalle ging, während ihre Pferde-Kollegin im Stall blieb, führte zu Toben, Rennen und mächtigem Energieüberschuss und bei mir mal wieder zu ganz schön viel Herzklopfen. Trotzdem probierte ich weiter und übte in kleinen feinen Dosen...

Ein massiver Reheschub bei Cananas Stallkollegin Saetta kreutzte dann plötzlich unsere Pläne und brachte dann die Trennung sehr viel heftiger und radikaler, als geplant. Saetta musste notfallmäßig in die Klinik und Canana kam kurzfristig in einer Box unter, da ich befürchtete, sie würde versuchen über den Zaun des Offenstalls zu springen, wenn sie dort alleine stünde. Die ersten Tage hatte ich große Sorge, wie sie die Trennung übersteht – insbesondere wenn die Nachbarpferde rausgebracht wurden während sie, umständehalber, drinnen bleiben musste.

Diese Sorgen quälten mich und entwickelten sich zu erneuter Unsicherheit, wie ich mit dem, damit nun wieder massiv gesteigerten, Anspannungslevel umgehen sollte.

Wieder die Frage: bin ich dem gewachsen? Erstaunlicherweise kam Canana sehr viel besser mit der Trennung zurecht, als ich erwartet hatte. Morgens ging sie mit den Stallkolleginnen in die Führanlage, nachts lag sie wie hingegossen und ganz entspannt in ihrer Box und schon bald konnte sie ohne Aufregung auf ihren Paddock rausgehen.

Die radikale Umstellung brachte auch mit sich, dass wir die Reithalle in Ruhe und Gelassenheit betreten und dort in Ruhe allein-zu-zweit arbeiten können. Möglicherweise hat sie die sich anbahnenden Erkrankung von Saetta gespürt – im Nachhinein kann ich sagen, dass sie immer häufiger in Saettas Nähe stand und ihren Schlaf überwachte und in den Tagen direkt vor dem Abstransport in die Klinik unruhiger war. Vielleicht ermöglichte dieser nun abfallende Stress und ihre große Bereitschaft, sich einem anderen Lebewesen zuzuwenden, sich nochmal neu auf mich einzulassen. Jedenfalls war es seither für uns kein Thema mehr, alleine oder auch mit anderen Pferden in der Reithalle zu sein.

Selbst wenn sie sich mal erschreckte oder ein vorbeigaloppierendes Pferd sie „mitzog“, ließ sie sich mit wenigen Gesten wieder beruhigen. Die Handwechsel klappten auch zunehmend besser und mittlerweile trabte sie sogar auf der rechten Hand ein paar Runden.

War doch unser Fokus die ganze Zeit auf Cananas rechter Hand, wurde unterdessen die Arbeit auf ihrer linken Hand etwas knifflig - sie kam ziemlich nah an mich heran, zirkelte eng um mich herum und es erforderte einen Balanceakt zwischen „rausschicken“ und nicht zu viel Druck aufbauen. Denn das mag sie gar nicht und ihren Unmut äußert sie in Steigen. Ob sich diese Energie wohl irgendwann versammeln und in Levaden umsetzen lässt…??

 

Dezember 2023

Geduld, Geduld, Geduld

Die Ausbildung eines Jungpferdes braucht viel Geduld. Oft muss man Dinge wiederholen, weil sie einfach noch nicht gefestigt sind.

Nach wie vor beschäftigen uns die Handwechsel und die Arbeit auf der rechten Hand.

Immer wieder kam es zu kleinen Auseinandersetzungen, in denen Canana sich entzog, indem sie sich schnell auf die linke Hand drehte, bei zu viel Druck auf der rechten Hand auch mal stieg und zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, dass sie mir beim Antraben auf der linken Hand den Hintern etwas zudrehte und die Ohren anlegte, obwohl sie brav antrabte.

Solche Vorkommnisse bringen mich immer wieder in große Verunsicherungen. Manchmal kam es vor, dass ich in ein Gefühl von „hart durchgreifen“ kam und mit mehr Druck reagierte. Oft sind das Momente, in denen es noch schlechter wird und ich aus den Übungseinheiten irgendwie unzufrieden rausgehe. Dann scheint nicht nur eine Aufgabe nicht richtig zu funktionieren. Es hat Auswirkungen auf die ganze Beziehung. Diese kommt mir dann insgesamt unschön, unbefriedigend und irgendwie freudlos vor. Canana scheint mir fremder, unberechenbarer und ich fühle mich letztlich ohnmächtig und etwas hilflos.

Mit so einer Stimmung ging ich in die letzte Trainingseinheit. Ich schilderte Sandra mein Gefühl von Verunsicherung. „Wir gucken“ sagte sie. Canana spiegelte mein momentanes Erleben der gemeinsamen Arbeit auch in der Stunde ganz wunderbar. Sie arbeitete zwar mit, fing aber – ausgelöst durch ein vorbeifahrendes Auto - an, ziemlich heftig an der Longe herumzurasen. Dank Sandras Unterstützung verstand ich, dass es nicht einfach nur abzuwarten gilt, bis Canana sich ausgetobt hat, sondern ich sie aktiv wieder in die Beziehung zurückholen muss. Nach einigen Versuchen, bei denen ich auch immer wieder Unsicherheiten spürte - klappte es –

Canana hörte zu und dank meiner vertrauensvollen Beziehung zu Sandra traute ich mich auch zu fragen „Das so geklappte Ohr heißt aber jetzt nicht Ohren anlegen, oder?“. Ich merke, dass ich diese Rückversicherungen immer wieder mal brauche, um nicht zu sehr verunsichert zu sein. Nach dieser Einheit beschloss ich, die Übungseinheiten mit Canana radikal zu kürzen. 10 Minuten, 15 Minuten schöne gemeinsame Zeit. Und siehe da: die gemeinsame Arbeit macht wieder Spaß, ich freue mich an den kleinen Schritten, die Handwechsel werden besser, meine Verunsicherung sinkt und Canana trottet mir nach der Arbeit hinterher wie ein Hund.

Sie wiehert mich an, wenn ich mit dem Kappzaum komme. Die Verunsicherungen kommen trotzdem immer wieder. So haben wir jetzt begonnen, die Arbeitsposition auch mal auf die Bodenarbeitsposition vor dem Pferd zu wechseln. Linke Hand ist das kein Problem, aber auf der rechten Hand ist Canana selbst unsicher – irgendwie scheint ihr das nicht ganz geheuer und so wird es auch für mich etwas ungeheuerlich. Das ist definitiv ein „geeigneter“ Startpunkt für einen neuen kleinen Teufelskreis, in welchem sie tatsächlich irgendwann zum gefährlichen Ungeheuer werden könnte. Damit Canana aber ihre Verunsicherung verliert, sich vertrauensvoll in meine Hände begibt, muss ich mich sicher fühlen. Da ich selbst noch am Beginn meiner reiterlichen Ausbildung stehe, finde ich diese Sicherheit dann, wenn ich mir kleine Schritte vornehme: ich darf in Bodenarbeitsposition auf der rechten Hand seitlich vor Canana stehen. Pause oder Wechsel auf die linke Hand. Dann der nächste Schritt: Ich darf auf der rechten Hand vor ihr stehen und möchte ihren Kopf in ein Vorwärts-Abwärts lösen. Pause. Dann wieder der nächste Schritt: ich darf auf der rechten Hand stehen, Vorwärts-Abwärts lösen und möchte ein paar Schritte vorwärts, ohne dass sie sich entzieht. Danach ein Handwechsel auf die einfache Seite, ein paar Runden Schritt links, Anhalten und gemeinsam entspannen.

Ich merke immer wieder, dass es darum geht, die Sicherheit in mir zu finden. So finde ich auch die Klarheit in meiner Kommunikation wieder, bei der es nicht um „hart durchgreifen“ geht. Ich spüre wie ungemein wichtig es ist, diese beiden elementaren Bestandteile der Ausbildung: Klarheit und Sicherheit in mir selbst zu finden. Nur dann kann ich sie auch an Canana weitergeben und wieder eine Verbindung zu ihr aufbauen, die es braucht um wirklich gemeinsame Zeit zu verbringen und nicht nur zur selben Zeit am selben Ort zu sein. Das gelingt uns immer wieder und gleichzeitig wächst mit diesen Erlebnissen die Beziehung, das gegenseitige Vertrauen und die Freude an der gemeinsamen Zeit, wodurch Unsicherheiten abnehmen.... Kein Teufelskreis - ein Kreis des Guten also.

 

November 2023

Vorbereiten des Pferdes, Führübungen und erste Ansätze zum Longieren

Oft ist man es gewohnt, mit älteren Pferden oder Reitschulpferden Routinen, wie z.B. das Halftern, Putzen, Hufe geben, als auch das Führen und Longieren als selbstverständlich zu sehen.

All das sind aber bereits Inhalte, die einem jungen Pferd erst beigebracht werden müssen. Geht man z.B. zu stark mit der Einstellung heran „Ich möchte jetzt den Huf auskratzen!“, kann das für das junge Pferd bereits zu viel sein. Besser ist hier eine Herangehensweise, das Pferd in Ruhe abzustreichen und mit der Einstellung: „Kannst Du Dein Gewicht verlagern?“ anzufragen. Ein junges Pferd lässt sich seine Sicherheit, die es auf seine 4 Füße gestellt hat, nicht so gerne wegnehmen. Dies sollten wir berücksichtigen, wenn wir eine gute Beziehung zu unserem Pferd aufbauen möchten.

Ähnlich ist es auch bei den Führübungen. Das Pferd muss erst lernen, von einem Menschen geführt zu werden, eine Richtung vorgegeben zu bekommen, sich anhalten zu lassen und auch wieder anzutreten.

Vorallem die rechte Seite (auf der rechten Hand des Pferdes Führen / Longieren/ Reiten) ist für viele Pferde und auch deren Besitzer, die etwas „schwierigere“ bzw. befremdlichere Seite. Während es links herum oft ganz gut klappt, gibt es auf der rechten Hand schnell „Chaos“, man „verknotet sich“, das Pferd „dreht sich um den Menschen“, man „bekommt die Kurve nicht 😉“.

Dies ist einerseits der Schiefe des Pferdes, andererseits auch jahrelanger Prägung des Menschen ganz generell geschuldet. Denn von welcher Seite aus steigst Du auf Dein Fahrrad? Es ist einfach „in uns drin“. Es ist an dieser Stelle auch unsere Kunst uns anders herum zu schulen.

Canana zeigt sich nach der kurzen Zeit zunehmend zugänglicher. Wenn ich am Stall ankomme und sie rufe, dreht sie sich um, spitzt ihre Ohren und blickt mir mit ihren großen aufmerksamen Augen entgegen. Meistens folgt ein kleines Wiehern. Von ihrer anfänglichen Scheu, sich berühren zu lassen, ist kaum noch etwas zu spüren. Sie streckt mir ihren Kopf entgegen und möchte sich gerne intensiv kraulen lassen. Sogar das Halfter findet sie toll und streckt ihren Kopf hinein! Sie ist ein so offenes, neugieriges, freundliches und mutiges Pferd. Ich bin jedoch auch überzeugt, dass die Ruhe und die rücksichtsvolle Vorsicht im Umgang mit ihr, die Zeit die sie sich für Kleinigkeiten nehmen darf, das tolle Wesen dieses Pferdes so richtig zur Entfaltung bringen!

Auch in der Arbeit auf dem Platz ist für die wenigen Tage, die sie bei mir ist, schon sehr viel passiert. Sie versteht mehr und mehr, dass wir in Ruhe und im Schritt beginnen. Dies vor allem deshalb, seit ich nicht sofort an der Longe beginne, sondern zunächst in Führposition einige Zirkel, Volten und Schleifen mit ihr gehe, sie anhalte und wieder antreten lasse. Hier zeigte sich auch schnell ein ganz zentrales Detail: auf der linken Hand machte sie das brav, lief völlig selbstverständlich mit, ließ sich anhalten und wieder zum Antreten bewegen. Da ich die Führübungen bereits aus der Prüfung ( A1 Führübungsprüfung, Zertifikat Fellow)  kannte, wechselte ich nach einigen Minuten von der auch mir vertrauteren linken Hand auf die rechte Hand und plötzlich ging gar nichts mehr. Canana blieb stehen, drehte ihre Hinterhand weg, hob ihren Kopf ganz hoch, um so wieder auf meine andere Seite (ihre linke Hand) zu wechseln, oder sie lief rückwärts und schlug mit dem Schweif.

An der Longe war es gleich vollkommen unmöglich, sie auf die rechte Hand zu bekommen. Wir haben also unsere erste Aufgabe, die für jegliche weitere Gymnastizierung von unfassbarer Wichtigkeit ist – denn ein Pferd, welches nur auf der linken Hand im Kreis läuft, arbeitet sich von alleine in die Schiefe hinein. Ich habe bemerkt, dass Canana vor allem auf der rechten Hand die treibende Hilfe – in Horsemanship – Manier- eher als herausschicken der Hinterhand verstand. Ein Wegschicken der Schulter war zunächst überhaupt nicht möglich. Ging ich rückwärts und zeigte mit der Pitsche auf ihre rechte Schulter, wendete sie die Hinterhand weiter heraus und stand wieder linkshändig. Dies war also auch der Fokus der ersten Unterrichtseinheit mit Sandra vor 5 Tagen, auf die ich mich schon freute – schließlich sollte sie Canana auch endlich kennenlernen.

Das Führen klappte ganz gut, das hatte ich mit Canana auch die Tage zuvor schon etwas geübt und konnte sie davon überzeugen, dass sie sich auch von rechts führen lassen kann.

Die ersten Versuche an der Longe waren recht abenteuerlich – ständig war Canana schon wieder viel zu nah an mir dran, die Pitsche zu lang, um noch an die Schulter zu tippen, der Hintern schon wieder draußen oder die Longe vertüddelt.

Sandra zeigte mir wie ich zwar ruhig und entspannt, aber dennoch agil und schnell zwischen Führposition, Longenposition und rückwärtslaufender Bodenarbeitsposition wechseln kann, um Canana eine Idee von „Schulter wegschicken“ bzw. Schulter freimachen zu geben und um mir „Spielraum“ zu verschaffen. Dank dieser Ideen und der Bereitschaft von Canana, sich auf mich einzulassen und ihrem spürbaren Willen, das Richtige zu tun, gab es schon in der Einheit einige Momente, in denen die Schulter von Canana frei wurde.

Wie es nach Unterrichtseinheiten so ist, startete ich am Tag darauf voller Elan und wollte natürlich an das gute Arbeitsergebnis anknüpfen. Und wie es auch nach Unterrichtseinheiten so ist, geht alles erstmal nicht mehr so gut, wenn die Trainerin nicht dabei ist… Die Pitsche war wieder zu lang, Canana zu nah, der Hintern war weg und ich war ein wenig ernüchtert und Canana zeigte ihr Genervtsein von meiner Stimmung durch Schweifschlagen. Einen Tag später ging ich dann weniger zielorientiert, sondern eher mit einer Haltung „ok, mal gucken, wie wir uns heute verstehen -  wie gut wir heute kommunizieren“ hin und wurde vollkommen umgehauen! Nach ein paar Longenrunden auf der linken Hand ging ich rückwärts, zeigte mit der Longenhand in Laufrichtung und Canana wechselte völlig selbstverständlich durch den Zirkel, lief noch ein paar Schritte weiter, bis ich sie durchparierte, begeistert lobte und sie entspannt kaute.

Oktober 2023

Wartezeit und die ersten Tage

Ist die Entscheidung dann für ein bestimmtes Pferd gefallen, kommen einige organisatorische Dinge auf den neuen Pferdebesitzer zu. Ankaufsuntersuchung, Transport, je nachdem auch der passende neue Stall oder auch Vorbereitungen im vorhandenen Stall, so daß das neue Familienmitglied, möglichst ab dem ersten Tag der Ankunft, gut aufgenommen werden kann.

Die Entscheidung war gefallen und nun hieß es, Zeit mit organisatorischen Dingen zu verbringen, zu warten und die Aufregung zu zügeln, bis es dann endlich so weit war und Canana vom Hänger stieg:

Wunderschöne große braune Augen schauten mich an und die aufgeregt bebenden Nüstern zogen das erste Mal meinen Geruch ein. Sie folte mir, ließ sich führen ohne zu springen oder rennen, dennoch spürte ich ihre Aufregung, ihre Energie. Ich machte eine kleine Runde auf dem Reitplatz, versuchte sie anzuhalten – was erstaunlicherweise gelang und einigermaßen das auf der Position neben mir zu halten.

Dann ließ ich sie laufen. In mächtigen Sprüngen entlud sich ein Teil der aufgestauten Energie ihrer Aufregung, ihrer Angst. Ich war beeindruckt von ihrem enormen Gangvermögen und gleichzeitig erschrocken über die ungebündelte Kraft, die zu erkennen war. In der Nähe anderer Pferde wurde sie ein wenig ruhiger und ließ sich schließlich auch wieder an den Strick nehmen. Von da aus brachte ich sie in ihren abgetrennten Paddockbereich unseres Stalls, wo ich in ihrer Nähe blieb und versuchte, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Doch sie wich aus, zuckte zurück und selbst die mitgebrachten Äpfel und Möhren beschnupperte sie nur mit Abstand.

Am nächsten Tag kam ich auf dem Hof an und meine große Tochter war schon da.

Wilma stand bei Canana im Paddock und kraulte sie und Canana genoss sichtlich die Berührung – ein Bild, welches einen Tag zuvor nicht vorstellbar war und ein Geschenk an meine pferdeverrückte Wilma!

Seitdem sind weitere 3 Tage vergangen und es ist spürbar wie die ersten kleinen Keimlinge unserer Beziehung wachsen. Am dritten Tag lag sie im Stall und wälzte sich auf dem Platz an meiner Hand, um dann in großen Bucklern und Sprüngen und mit lauten aufgeregten Geräuschen an meiner Hand herumzuspringen – eine Tatsache, die mir in der Nacht einigen Schlaf raubte: habe ich mir da zu viel zugetraut? So ein junges Pferd? Ist das gefährlich?

Ich berichtete Sandra davon „immer schön vorwärts abwärts denken“ war ihr Rat. Ich solle Canana schnell zeigen, dass sie Energie loswerden darf – dies aber in Verbindung mit Arbeit mit mir. Am vierten Tag wagte ich also mit Herzklopfen einen Longenversuch. Ich rechnete mit Losreissen, Steigen und Chaos. Doch nach ein paar aufgeregten Hopsern trabte sie um mich herum und ließ sich nur von meiner eigenen Energie sogar im Tempo variieren. Ich war unglaublich berührt und hatte buchtstäblich Tränen in den Augen. „Da hast du aber schon ganz viel bekommen“ waren Sandras Worte auf meinen Bericht.

Meinen obligatorisch mitgebrachten Äpfel und Möhren beschnupperte Canana eingehend, auch meinen Mund mit dem ich gerade noch ein Stück Apfel kaute. Doch sie rührte die Leckereien nicht an. Am vierten Tag dann war es so weit, nach einer erneuten Longenrunde streckte ich meine Hand mit Karotte aus, sie schnupperte und nahm sie vorsichtig auf. Dieser kleine Moment hat mich sehr berührt. So eine kleine Geste, in der sich unsere Annäherung zeigt. Ich konnte sehen, dass Canana in kleinen Schritten bereit ist, sich auf mich einzulassen und ganz wortwörtlich etwas von mir in sich aufzunehmen bereit war.

Juni 2023

Die Pferdesuche

Die Suche nach einem (neuen) Pferd ist eine sehr aufregende und spannende Zeit. Der Markt ist voll mit Pferden und dennoch sucht man nach diesem einen und ganz besonderen Puzzelstück, daß genau in die eigene Situation und zu den eigenen Wünschen passen soll. Viele Kriterien wie Alter, Größe, Geschlecht, Körperbau, Eignung, Vorerfahrungen usw wollen nicht zu letzt auch mit dem Preis, bzw dem sogenannten Gefühl und Verstand abgeglichen werden.

Die Suche nach einem neuen Pferd ist ein eigener Abschnitt meiner Reise. Auch, wenn ich schon einige Anforderungen und Vorstellungen hatte, die mein neues Pferd mitbringen sollte (stimmiger, kompakter Körper, eine natürliche Versammlungsfähigkeit und geschmeidige Gänge, tragfähiger, kräftiger Rücken, einen freundlichen und gelassenen Charakter) war es schwieriger als gedacht, diese zu finden.

Auch, aus den kleinen Texten oder Bildern der Anzeigen, ein umfassendes Bild des angebotenen Pferdes zu erkennen, fiel mir zu Beginn nicht leicht. Bei genauerer Recherche, Sichtung vieler Videos und Dank Sandras Beratung zeigten sich dann trotz eines anfänglichen guten Eindrucks doch ein paar Schwierigeiten.

Da gab es eine hübsche, junge Falbstute, die als lernwillig, freundlich und sensibel beschrieben wurde. Bei Sichtung eines Videos zeigte sich, dass sich das zarte, feingliedrige Pferd trotz der ruhigen Reiterin nervös zeigte und hinter dem Zügel verkroch. Hier war schnell klar, dass dieses Pferd meine Fähigkeiten übersteigen würde und vor allem absolut entgegengesetzt zu meinem Wunsch nach einem gelassenen Pferd steht.

Ein anderes Pferd wurde erstaunlich günstig verkauft. Es sei aktuell nicht viel bewegt worden und habe „noch wenig Muskulatur“, ein unauffälliger Röntgenbefund liege vor. Hier zeigten die Videos ein lahmendes Pferd, welches in der Hüfte einknickte. Das kam natürlich nicht in Frage.

Eine andere Stute hatte durch ihr wunderschönes Gesicht und die tolle Beschreibung mein Interesse geweckt, ich fuhr hin, ritt Probe und war sehr angetan. Sie war gelassen, trotz ihres jungen Alters bemüht und unglaublich bequem zu sitzen. Nach dem Besuch bei ihr schaute ich mit Sandra das Video meines Proberittes an und wurde ein wenig ernüchtert. Was Sandra sagte, konnte ich (leider) absolut nachvollziehen und sah es genauso- dieses Pferd war einfach zu zart und feingliedrig für mich.

Außerdem war die weiche Fesselung zwar ein Grund für die weichen Gänge, in Kombination mit der eher ungünstigen Passung von meiner Statur mit der des Pferdes aber auch sehr anfällig. Die Entscheidung gegen diese hübsche Stute war gefallen und ich war sehr dankbar, dass Sandra die Rolle des Verstandes übernahm. Denn ich war schnell mit dem Herzen dabei und empfand es als schwierig, Pferden eine „Absage“ zu erteilen, deren Besitzer mit viel Geduld und Ehrlichkeit all meine Fragen beantworteten – irgendwie waren sie mir ans Herz gewachsen.

So auch bei einem anderen Pferd, deren Besitzer das Pferd selbst nicht reiten konnten und es von einer insolvent gegangenen Vorbesitzerin übernahmen und nun auf der Suche nach einem Bestplatz waren. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich überlegt. Doch in meiner Situation mit drei Kindern und als Einstellerin in einem Stall, wo viele Menschen mit dem Pferd umgehen, ist ein Pferd mit großer Schreckhaftigkeit, schlechten Vorerfahrungen, Angst vor Gerten oder Problemen beim Halftern einfach nicht das Richtige.

Doch irgendwann war es dann soweit. Ich bekam Videos und Bilder von Canana und war vom ersten Augenblick begeistert von ihr.

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